Dick aufgetragen

Die 27-jährige Pressesprecherin Karoline Leavitt wird von manchen Medien als neue »Stilikone« im Weißen Haus bezeichnet. Warum sie mit ihrem Make-Up und der Wahl ihrer Kleidungsstücke perfekt den Zeitgeist der Trump-Ära verkörpert.

Foto: Bloomberg

Das Vokabular vom Chef hat sie schon mal drauf. Alles, was Trump und die USA betrifft, ist »beautiful« und alles, was die Demokraten und andere Miesmacher angeht, eher »sad«. Sie selbst ist vor allem »proud«, jetzt jeden Tag die Pressetermine abhalten zu dürfen. Karoline Leavitt ist mit gerade mal 27 Jahren nicht nur die jüngste Sprecherin, die das Weiße Haus je hatte, sie ist womöglich auch die loyalste, die ein Präsident je hatte. Eingestellt hat Trump sie, nach eigenen Worten, weil Leavitt sich schon in seinem Wahlkampfteam »smart, knallhart und hocheffektiv« anstellte. Außerdem war sie nach dem Attentat auf ihn sofort wieder zur Stelle, obwohl sie erst vier Tage zuvor zum ersten Mal Mutter geworden war. Aufopfern für das Opfer, das sei doch wohl das Mindeste, was sie als Mitarbeiterin tun könne, fand die junge Frau.

Aber ein klein bisschen was mit ihrem Aussehen dürfte das Engagement wohl auch zu tun haben. Schließlich ist »Press Secretary« einer der sichtbarsten Jobs der Regierung. Jede Fragestunde wird live übertragen, sie ist Sprachrohr wie Aushängeschild des Präsidenten, und Leavitt erfüllt dabei so ziemlich alle Klischees, die sich über die Jahre für »Trumpettes« – Frauen im Trump-Lager – herausgebildet haben.

Sie ist jung – check.
Sie ist blond – check.
Sie ist fit – check.
Sie kleidet sich betont weiblich – check, check, check!


Entsprechend reihte die Daily Mail sie gleich in die glorreiche Riege der »Mar-a-Lago ›It Girls‹« ein: »glamourös, Gym gestählt und allergisch gegen lange Röcke«. Siehe etwa auch die blonde, durchtrainierte, kurze Kleider tragende Kayleigh McEnany, Trumps Sprecherin von 2020 bis 2021, bei der Leavitt damals assistierte.

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Was Leavitt außerdem unverkennbar draufhat, ist das so genannte »Maga-Make-up«. Kein subtiler Glow, sondern ein stark geschminktes Gesicht ohne Rücksicht auf Farbunterschiede in der Foundation. Hauptsache keine Pore bleibt trocken und die Augen stechen schön raus. Die TikTok-Komikerin Suzanne Lambert zeigte in einem viral gegangenen Video, wie man diesen stumpfen republikanischen Look ganz einfach nachschminkt – in dem man so ziemlich gegen alle Regeln der Visagisten-Kunst verstoße. Schönster Kommentar einer Userin: »Ihre Augen haben dieses tolle Golf-von-Mexiko-Blau.«

Tatsächlich war die katholisch erzogene Leavitt schon auf dem College in ihrer Heimat New Hampshire stramm konservativ und beschwerte sich über einen Professor, der allzu links unterrichtete. In der Collegezeitung verteidigte sie Trumps »Travel Ban«, machte ein Praktikum bei Fox News, bevor sie als Praktikantin in der Presseabteilung des Weißen Hauses anfing. Waffenfan ist sie übrigens auch, in einem Video auf Instagram entlud sie einmal ein Maschinengewehr und schrieb dazu: »Hol's dir doch, Joe Biden!«

Aber ist sie tatsächlich die »neue Stilikone« im Weißen Haus, wie verschiedene Medien, darunter die Daily Mail, im Januar prophezeiten? Zur Vereidigung hatte sie einen hellblauen Mantel mit Kunstpelzbesatz an Kragen und Ärmeln getragen, der in der Washingtoner Kälte wahrscheinlich feierlich und nach Frau von Welt aussehen sollte. Letztlich erinnerte er eher an einen dieser Morgenmäntel, die osteuropäische Bed-and-Breakfast-Besitzerinnen in den Neunzigern zum Empfang der Gäste trugen. Für ihren ersten Auftritt vor der Presse, bei dem sie die »Mainstream-Medien« abwatschte und TikToker sowie Influencer dazu einlud, sich doch mal für einen Pressepass zu bewerben, wählte sie zwar einen beerenfarbenen Anzug von Zara, trug dazu jedoch hinter dem Rednerpult 700-Dollar-Lackpumps mit Kristallbesatz von Jimmy Choo.

Zum beerenfarbenen Hosenanzug von Zara kombiniert Karoline Leavitt eine goldene Kette mit Kreuzanhänger – und teure Schuhe von Jimmy Choo.

Foto: Bloomberg

Auf einem Bild mit Trump glitzerte ein »RL«-Gürtel von Ralph Lauren auf der Taille. Auf Instagram zeigt sie sich mit Dior- und Louis-Vuitton-Taschen, die 2000 Dollar aufwärts kosten.

Leisten kann sich die 27-Jährige diese Sachen natürlich. Sie verdient als Pressesprecherin im Weißen Haus selbst sehr gut und ist obendrein mit einem 30 Jahre älteren Immobilieninvestor verheiratet. Aus Modegesichtspunkten ist der Look vor allem ultra-gewöhnlich: Er ist die simpelste Form von demonstrativem Luxus. Leavitt sucht sich unter all den Dior-Taschen nämlich keine besondere aus, sondern trägt die Lady-D-Lite in Toile de Jouy mit dickem Markenschriftzug auf der Seite. Auch von Louis Vuitton muss es natürlich eine Monogramm-Tasche sein, die Neverfull-Tote, genauso wie ein schwarzer LV-Logo-Schal. Von Gucci besitzt sie den klassischen Doppel-G-Gürtel. Alle diese Accessoires gehören zu den Bestsellern der jeweiligen Marken – und zu den meistkopierten Fakes, weil man damit – vermeintlich – sofort in der Luxusliga mitspielt. Bei Fernsehauftritten trägt sie gern Kleider und Kostüme von amerikanischen Mainstreammarken, die mit ihren Golddetails aber ganz offensichtlich an Chanel erinnern sollen.

Kürzlich saß sie bei einer Konferenz im Leoprintkleid mit hohen schwarzen Stiefeln, was längst nicht mehr wild, sondern etwa so aufregend wirkt wie Karomuster.

Zumindest entspricht ihr modisches Vokabular damit perfekt der trumpschen Rhetorik: laut, plump, kein bisschen raffiniert, leider hocheffektiv.

Wird auch getragen von: allen anderen Trumpettes
Typischer Instagram-Kommentar: »Let’s Maga!«
Passender Song: »It girl« (Shirin David, Sampagne)