Bin ich intolerant, nur weil mich Gendern nervt?

Unsere Leserin schaltet das Radio oder den Podcast aus, sobald sie hört, dass gegendert wird. Sollte sie darüber hinwegsehen? Unsere Kolumnistin liefert eine klare Antwort.

Illustration: Serge Bloch

»Ich höre sehr gerne Radio: Hörspiele, Hörbücher, Podcasts … Sobald ich höre, dass in den Sendungen gegendert wird, kann ich das nicht aushalten, springe sofort auf (ich besitze keine Fernbedienung) und schalte ab. Bin ich intolerant?«
Maria M., Zschopau

Ich glaube, diese Frage lässt sich mit Ja beantworten. Aber das bedeutet nicht, dass Sie etwas ändern müssen. Man muss sich ja nicht freiwillig Sachen anhören, die einem aus was für Gründen auch immer tierisch auf die Nerven gehen. Ich gebe an dieser Stelle gern zu, dass mich Gendern auch oft stört. Dabei zähle ich gewissermaßen, wie ja auch Sie, zu denjenigen, denen damit geholfen werden soll. Zu der Menschengruppe, die man durch die Veränderung der Sprache nun auch einzugemeinden versucht in das große Wir-Gefühl, aus dem wir zuvor ausgeschlossen gewesen sein sollen. Hatte ich gar nicht bemerkt. Oder jedenfalls habe ich darunter nicht gelitten. Hatte das einfach auf die Grammatik geschoben und ernsthaft kein Problem damit gehabt.

Mich nervt übrigens am allermeisten die dämliche Umbenennung von Studenten in Studierende. Ich, die ich sehr gern Student war oder auch Studentin, who cares, komme nicht darüber hinweg, dass ehemalige Studenten dann heute also als Studiert-Habende bezeichnet werden müssten. Auch das substantivierte Partizip kennt ja eine Vergangenheit. Es gibt allerdings, wie ich bemerkt habe, auch Leute, die so gendern können, dass man nicht jedes Mal zusammenzuckt, auch weil sich die deutsche Sprache ja beharrlich gegen das Gegendertwerden wehrt. Ich möchte hier den Journalisten Khesrau Behroz nennen, in dessen Podcast Cui Bono – WTF happened to Ken Jebsen mir zum ersten Mal auffiel, dass Gendern auch lässig klingen kann. Er spricht irgendwie federnd darüber hinweg und scheint nicht einmal nachdenken zu müssen.

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Das Schöne ist aber, dass niemand gendern muss. Und dass Sie nicht dazu gezwungen sind, sich bestimmte Podcasts oder Sendungen anzuhören. Gendern ist auf jeden Fall ein kleineres von vielen Problemen auf der Welt. Und wo immer möglich, kann man ja versuchen, Problemen aus dem Weg zu gehen.