»Bei mir im Viertel hängen an den Laternen Zettel, auf denen ein, wie ich finde, unmoralisches Geschäftsmodell angepriesen wird: Wer eine Wohnung mit mehreren Zimmern besitzt oder als Hauptmieter bewohnt, bekommt das Angebot, dass eine Agentur einzelne Zimmer der Wohnung möbliert und untervermietet, sodass Hauptmieter und Agentur finanziell einen Vorteil erwirtschaften. Ist es in Ordnung, wenn ich diese Werbezettel von den Laternen abreiße? Die Agentur hat diese Werbefläche ja nicht gemietet, macht sich mit ihrem unsympathischen Projekt also umsonst und auf Kosten der Allgemeinheit breit.«
Anonym, München
Man könnte dagegenhalten, dass auf diese Weise wenigstens die eine oder andere Studentin, die verzweifelt in München eine Bleibe sucht, zu einem Zimmer käme. Aber dieses Argument geltend zu machen, würde bedeuten, dass man die Situation, schlimm wie sie eben ist, schulterzuckend hinnimmt. Die Zettel abzureißen wäre immerhin ein Zeichen des Protests. Bitte, tun Sie es. Reißen Sie die Zettel ab. Ich kann ehrlich gesagt kaum glauben, dass Sie hier vorher um so etwas wie eine Erlaubnis fragen. Das ist wirklich sehr rührend. Natürlich wissen Sie, dass Ihre Aktion nichts bewirken wird. Es gibt in München rund 120 000 Straßenlaternen. Wo ein Zettel weggerissen wird, kommt ein neuer hin. Aber immerhin wäre das auch einmal eine vernünftige Zettel-Abreiß-Aktion. Im Gegensatz zu der jüngsten großen Plakat-Abreiß-Mode, die über unseren traurigen Erdball hinwegschwappte und deren Ziel es war, die von der Hamas nach Gaza verschleppten Geiseln vergessen zu machen. Zettel mit ihren Gesichtern und der normalen Forderung, sie zurückzuholen, wurden weltweit mit großem Eifer von Wänden und Masten gerissen. Heute sind kaum noch wo welche zu sehen, dabei sind immer noch mehr als 70 Menschen in Gefangenschaft.
Aber zurück nach München: Sie schreiben nicht, wie die Miethaie in spe ihre Aufrufe zur Privatzimmervermietung an den Laternen befestigen. Mit Tesafilm und auf Augenhöhe kriegen Sie die leicht runter. Hängen sie höher, rät die Berliner Antifa zur Räuberleiter oder einer Stange mit Haken. Durch Ziehen an der oberen Kante oder den Kabelbindern brächte man damit jedes Plakat herunter (entnommen einer sich online befindenden Info zum Abhängen von NPD-Plakaten). Falls Ihnen der Sinn nach noch mehr Aktivismus steht, können Sie die Agenturen auch anzeigen: Wildplakatierung ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit Geldbuße belangt werden.